Während Smalltalk helfen kann, Ängste zu überwinden, können Atemübungen den Stresspegel und damit das Risiko eines Blackouts senken. Das Gute ist, dass du die richtige Atmung für dich trainieren und dann ganz gezielt vor einem Vortrag anwenden kannst. Achte aber darauf, dass du dir für die Übungen Zeit nimmst und es nicht übertreibst.

Aber warum ist die Atmung überhaupt so wichtig für oder gegen unseren Stresspegel? Dazu muss man sich kurz vor Augen führen, was dabei in unserem Körper passiert. Wenn du das Grundprinzip verstanden hast, fällt es dir auch leichter, bestimmte Atemübungen gezielt einzusetzen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen äußerer und innerer Atmung. Bei der äußeren Atmung geht es im Wesentlichen um den Austausch der Atemgase, also Sauerstoff von außen und Kohlendioxid von innen. Bei der inneren Atmung geht es dagegen um den Vorgang der so genannten Zellatmung, also den Stoffwechselvorgang im Körperinneren. Weiterhin unterscheidet man zwischen der Brustatmung im Brustkorb (Thorax) und der Bauchatmung im Zwerchfell (Abdomen). Beide laufen mehr oder weniger parallel ab, können aber unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Das heißt, wir können entweder mehr in die Brust oder mehr in den Bauch atmen. Aber warum gehe ich so explizit darauf ein und wie kann es dir helfen, deinen Stresspegel vor einer Rede zu senken?

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Unterschied von Brustatmung und Bauchatmung

Unterschied von Brustatmung und Bauchatmung

Ganz einfach: Bei großer Aufregung, Angst, Stress und Panik atmen die meisten Menschen unbewusst über die Brust ein. Die Atemfrequenz ist dabei schnell und die Atmung selbst eher flach. Dies hat mehrere negative Folgen. Zum einen wird bei der Brustatmung vermehrt über die oberen Lungenabschnitte geatmet, was zu einer verminderten Sauerstoffaufnahme führt. Durch die kurzen, flachen Atemzüge wird weniger Sauerstoff zugeführt und durch die erhöhte Atemfrequenz kommt es gleichzeitig zu einer Erhöhung der Pulsfrequenz. Dies geht oft mit Verspannungen im Nacken- und Schulterbereich einher. Nun muss man kein Mediziner sein, um zu erkennen, dass die Kombination von Panik und Angst den Stresspegel sogar noch erhöhen kann.

Beobachte einmal gezielt andere Menschen, wenn sie einen Vortrag halten oder eine Präsentation halten. Bei vielen wirst du genau die eben beschriebenen Symptome erkennen. Achte auch auf deinen eigenen Körper, wenn du dich in einer für dich stressigen oder aufregenden Situation befindest. Die Schultern ziehen sich zusammen und nach oben, der Nacken verkrampft sich, der Kopf neigt sich leicht nach hinten und die Atmung wird flacher und schneller. Genau in diesem Zustand befinden sich viele Menschen, die kurz vor einer Rede stehen. Die gute Nachricht: Du kannst aktiv gegensteuern und mit gezielten Übungen für Entspannung und Stressabbau sorgen.

Wenn eine verstärkte Brustatmung zu Anspannung und Verkrampfung führt, liegt es nahe, dass eine gezielte Bauchatmung genau das Gegenteil bewirkt. Im Folgenden möchte ich dir drei Atemübungen vorstellen, die ich bereits an mir selbst ausprobiert und mit denen ich gute Erfahrungen in Bezug auf den Stressabbau gemacht habe. Das Schöne daran ist, dass du diese Übungen in allen Situationen deines Lebens machen kannst, in denen du erhöhtem Stress ausgesetzt bist. Ob vor einem Vortrag, dem nächsten Vorstellungsgespräch oder dem nächsten Date: Mit der richtigen Atmung kannst du stressige Situationen gelassener und entspannter angehen und gewinnst deutlich an Selbstvertrauen. Bei allen Übungen wird immer durch die Nase eingeatmet und durch den Mund ausgeatmet.

Atem-Übung 1: Express Detox

Atemübung Bauchatmung Entspannung

„Express Detox Übung“ mit Bauchatmung zum Entspannen

Diese Atemübung kannst du im Sitzen oder im Stehen durchführen. Wenn es die Situation zulässt, empfehle ich dir die stehende Variante, da sie den gesamten Kreislauf etwas besser in Schwung bringt.

  1. Stelle dich hin oder setze dich gerade auf den Stuhl und drücke den Rücken gegen die Lehne. Lasse die Arme locker parallel zum Körper hängen.
  2. Atme nun vier- bis fünfmal schnell und stoßweise durch die Nase ein und achte darauf, dass sich dein Bauch dabei stärker nach außen wölbt.
  3. Atme dann vier bis fünf Mal schnell und stoßartig durch den Mund aus. Nun sollte dein Bauch wieder flach werden und in die „Normalposition“ zurückkehren.
  4. Mache diese Übung morgens, mittags und abends jeweils drei bis fünf Minuten lang. Auf diese Weise kannst du schnell und gezielt den Kohlendioxidgehalt in deiner Lunge senken, den Sauerstoffgehalt erhöhen und klarer denken.

Atem-Übung 2: Office Relax

Atemübung Bauchatmung mit gestreckten Armen

„Office Relax Übung“ mit gestreckten Armen und Bauchatmung

Für diese Atemübung empfiehlt es sich, auf einem festen Stuhl zu sitzen. Wenn es im Büro nur Drehstühle gibt, stelle die Rückenlehne so hoch wie möglich und stelle beide Füße fest auf den Boden, so dass sich der Stuhl selbst möglichst wenig drehen kann.

  1. Setze dich aufrecht in den Stuhl und drücke deinen Rücken leicht gegen die Rückenlehne. Achte darauf, dass sich dein Gesäß möglichst weit hinten und parallel zu deinen Schultern befindet.
  2. Lege deine Hände mit den Handflächen nach unten auf deine Knie.
  3. Schließe deine Augen und konzentriere dich nur auf deine Atmung.
  4. Atme nun langsam ein und hebe dabei deine ausgestreckten Arme nach oben über deinen Kopf. Dabei zeigen die Handflächen nach vorne und die Fingerspitzen nach oben. Achte auch hier darauf, dass sich dein Bauch so weit wie möglich nach außen wölbt.
  5. Atme nun langsam aus und senke dabei die Arme. Führe die Hände mit den Handflächen nach unten zum Bauch und lege sie dort ab, sobald der Ausatemvorgang beendet ist.
  6. Bleib in dieser Position 2 bis 3 Sekunden ohne zu atmen und fange wieder von vorne an. Diese Übung kann mehrmals täglich durchgeführt werden. Ziel ist es, den Stoffwechsel anzuregen, Nacken und Schultern zu entspannen und den Atemrhythmus zu stabilisieren.

Atem-Übung 3: Deep Dive

Atemübung gegen Redeangst Bauchatmung Arme Brustkorb

„Deep Dive Übung“ mit einer Hand auf dem Brustkorb

Auch diese Atemübung machst du im Sitzen. Wie zuvor solltest du auf einem festen Stuhl mit gerader Rückenlehne sitzen. Steht nur ein Drehstuhl zur Verfügung, achte auch hier auf festen Stand und möglichst keine Drehbewegung.

  1. Setze dich aufrecht in den Stuhl und drücke deinen Rücken leicht gegen die Lehne. Achte darauf, dass sich dein Gesäß möglichst weit hinten und parallel zu deinen Schultern befindet.
  2. Lege deine Hände mit den Handflächen nach oben auf die Knie.
  3. Bewege deinen Hinterkopf leicht nach oben und dein Kinn leicht nach unten in Richtung deiner Brust.
  4. Fixiere einen Punkt auf dem Boden schräg vor dir und richte deinen Blick während der Übung ausschließlich auf diesen Punkt.
  5. Atme nun tief und langsam durch die Nase in den Bauch ein und zähle während des Einatmens langsam bis vier. Achte darauf, dass sich dein Brustkorb beim Einatmen so wenig wie möglich bewegt oder hebt. Je tiefer und intensiver du in den Bauch atmest, desto besser. Für den Anfang kannst du zur Kontrolle eine Hand auf die Brust und die andere auf den Bauch legen.
  6. Warte mit dem Ausatmen ein bis zwei Sekunden und halte dann inne.
  7. Atme langsam und sanft durch den Mund aus und zähle wieder bis vier.
  8. Mache diese Übung morgens und abends und versuche, dich langsam zu steigern, indem du beim Ein- und Ausatmen länger zählst und so den Atemprozess verlängerst. Nach einigen Wochen solltest du bei sieben bis acht Zählschritten angelangt sein. Durch diese sehr ruhige Atmung entspannt sich der Körper und der Puls sinkt. Aufregung und Anspannung lassen nach und du wirst schnell ruhiger.

Du kannst die drei Übungen auch kombinieren und je nach Bedarf zu Hause, im Büro oder im Konferenzraum anwenden. Gerade die letzte Übung eignet sich sehr gut, um aufkommende Anspannung vor einem Vortrag abzubauen und deutlich gelassener zu werden. Wenn der Zeitpunkt deines Vortrags näher rückt und du spürst, dass dein Stresspegel steigt, dann beginne mit der dritten Atemübung. Im Idealfall hast du diese bereits einige Male geübt und kannst sie gezielt in einer Stresssituation anwenden.

Fazit: Mit der richtigen Atemtechnik effektiv gegen Redeangst

Die Bedeutung der Atmung für die Bewältigung von Stress und Redeangst kann nicht genug betont werden. Wenn du verstehst, wie dein Atemsystem funktioniert und gezielte Atemübungen machst, kannst du einen enormen Unterschied in deinem Stresslevel feststellen. Vor allem die Bauchatmung kann dir helfen, Spannungen und Verkrampfungen zu lösen und dich mehr auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Mit den vorgestellten Übungen – Express Detox, Office Relax und Deep Dive – hast du konkrete Werkzeuge in der Hand, die dir helfen können, in den verschiedensten stressigen Lebenssituationen ruhiger und gelassener zu bleiben. Denke daran, diese Übungen regelmäßig durchzuführen, damit sie zu deiner Routine werden. So kannst du bei aufkommender Aufregung und steigendem Stresspegel, insbesondere vor einer Präsentation, gezielt gegensteuern und die Kontrolle über deinen Körper und deinen Geist behalten. Dein Selbstvertrauen wird davon profitieren und du wirst feststellen, dass du mit der richtigen Atmung jede Stresssituation meistern kannst.